Eine noch kurze Geschichte der Schule Rungwisch

In der Festschrift zum 25-jährigen Bestehen der Schule Rungwisch (1985) schrieb der damalige Schulleiter Herr Lutzmann: „Die Schule blieb also ein Torso (...). So gesehen war der Rungwisch von Anfang an ein Provisorium auf Zeit, eine Einrichtung, um die Schülerströme der geburtenstarken Jahrgänge (...) zu kanalisieren.“ Da diese Aufgabe 1985 erledigt zu sein schien, zog er – das nahende Ende der Schule vor Augen – das Resümee: „So endet ein Kapitel Eidelstedter Schulgeschichte.“
Dass es überhaupt eine Geschichte der Schule Rungwisch bis in dieses Jahr gibt (und auch darüber hinaus geben wird!), ist daher eigentlich ein großer Irrtum. Geplant war es seit Ende der 1970er Jahre tatsächlich nicht. Aber Provisorien haben es häufig an sich, dass sie langlebiger sind, als manches, was einst für die Ewigkeit gedacht war.

Der Stadtteil Eidelstedt erlebte nach dem 2. Weltkrieg einen enormen Boom. Bis dahin ein eher dünn besiedelter und noch bäuerlich geprägter Randbezirk Hamburgs, entwickelte sich Eidelstedt in den 1950er und 1960er Jahren durch die Industrialisierung und den Zuzug von Flüchtlingen und Neubürgern zu einem aufstrebenden urbanen Stadtteil. Waren es vor dem Krieg 6.800 Menschen, die in Eidelstedt lebten, waren es 1955 bereits etwa 15.000. Erst Mitte der 1970er Jahre endete die rasante Bevölkerungsentwicklung und erreichte mit ca. 30.000 Menschen ihren vorläufigen Höhepunkt.
Ebenso rasant verlief daher auch die Entwicklung der Schulen in Eidelstedt. Waren es zunächst nur die „alteingesessenen“ Schulen am Furtweg und an der Elbgaustraße (heute das Bürgerhaus Eidelstedt), die die explosionsartig ansteigenden Schülerzahlen aufnehmen mussten (1954 wurden allein an der Schule Furtweg über 1.500 Schülerinnen und Schüler im Schichtbetrieb unterrichtet), kamen 1956 die Schule Lohkampstraße als Außenstelle der Schule Furtweg und 1958 die Schule Rungwisch als Außenstelle der Schule Elbgaustraße hinzu, um dem katastrophalen Notstand abzuhelfen. In zunächst vier Pavillons (auf dem jeztigen Schulteichgelände) und dem Fachtrakt (heutige Verwaltung) wurden Schülerinnen und Schüler aus der Schule Elbgaustraße unterrichtet.
1960 wurde die Schule Rungwisch selbstständig und bekam damit auch eine eigene Schulleitung. Bereits 1961 erfolgte der erste Erweiterungsbau der Schule Rungwisch. Mit dem Kreuzbau wurden zu den bestehenden acht Klassenräumen zwölf weitere errichtet und die Schule Rungwisch wurde Volks-, Haupt- und Realschule. 1968 folgte der Bau der Turnhalle und 1974 wurde das Fachhausgebäude eingeweiht. Zusätzlich mussten auf dem Gelände Pavillons aufgestellt werden, um die in Spitzenzeiten mehr als 800 Schülerinnen und Schüler aufnehmen zu können.
Der komplette Ausbau der Schule (Eingangsbereich, Aula, Mehrzweckräume u.ä.) unterblieb allerdings, weil bereits Ende der 1970er Jahre absehbar war, dass der Schülerberg angesichts des „Pillenknicks“ wieder deutlich abnehmen würde. Tatsächlich war der Rungwisch daher eine Schule auf Zeit. Mitte der 1980er Jahre lief auf Beschluss der Schulbehörde die Haupt- und Realschule aus. Im Eidelstedter Anzeiger war damals zu lesen: „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan (...) Der Mohr kann gehen.“ Zurück blieb eine über viele Jahre um ihre Existenz kämpfende teilweise einzügige Grundschule.


Verwaltungsgebäude und Pavillons
(auf dem heutigen Teichgelände)


Richtfest Verwaltungsgebäude

Seit Ende der 1990er Jahre gelang es der gesamten Schulgemeinschaft, die Schule pädagogisch, inhaltlich und organisatorisch neu aufzustellen, sie im Stadtteil fest zu etablieren und dem Schulleben wieder Kraft und Profil zu verleihen.
Dann kam eine überraschende Zäsur: Mit der geplanten Einführung der Primarschule zum Sommer 2010 sollte der Rungwisch mit einer benachbarten Grundschule fusionieren. Diese Planung war vielen an der Entwicklung der vergangenen Jahre Beteiligten nicht vermittelbar, die Vision vom Bildungshaus, die Erfolge der gemeinsamen Arbeit der letzten Jahre schien gefährdet.
In der Festrede zum 50-jährigen Bestehen der Schule (2010) sagte der Schulleiter, Herr Eiberger: „Der Rungwisch war bis jetzt unabhängig, er wird es auch weiter bleiben. Wir halten an unserem Ziel fest.“ Er behielt Recht.
Im Sommer 2013 wurde die Schule Ganztagesschule (GBS; ganztägige Bildung und Betreuung an Schulen) mit dem Hamburger Schulverein als Kooperationspartner.
Nach vielen guten Erfahrungen in diesen Jahren ist die Schule seit Sommer 2020 offene GTS (Ganztagsschule nach Rahmenkonzept; in eigener Verantwortung ohne Kooperationspartner). Mittlerweile ist die Grundschule Rungwisch dreizügig und hat mehr als 300 Schülerinnen und Schüler. Die Anmeldezahlen sind stetig steigend, das Interesse an der Schule hoch und die Grundschule Rungwisch ist in Teilbereichen in Hamburg konzeptionell wegweisend.